A.2 Glossar |
Allel
· allelos (gr.) - einander, gegenseitig, wechselseitig
· Zustandsformen eines Gens (bei diploiden oder polyploiden Organismen)
(bei haploiden Organismen sind Allel und Gen identisch)
siehe auch: Dominanz, rezessiv
bias
· (engl.) schräg, schief, Ablenkung nach einer Seite, Bevorzugung (einer Variante)
· (EA) absolute Differenz zwischen der normalisierten Fitneß eines Individuums und seiner erwarteten Reproduktionswahrscheinlichkeit,
Parameter bei der Bewertung von Selektionsverfahren
siehe auch: Selektion, spread
binär-kodiert
siehe: Kodierung
Chromosom
· chromos (gr.) - Farbe, soma (gr.) - Körper; färbbare Körper
· (biol.) Träger der im Zellkern enthaltenen Erbinformation eines Lebewesens
siehe auch: Diploidie
Chromosomensatz
· (biol.) Anzahl der im haploiden Zustand vorhandenen Chromosomen (Grundzahl, Basiszahl)
siehe auch: Chromosom
crossover
· crossing-over (engl.) - überkreuzen
· (biol.) Mechanismus, der zum Austausch von Genen zwischen homologen Chromosomen (in der Prophase der Meiose) führt
· (EA) Synonym für Rekombination (vor allem im amerikanischen Sprachraum benutzt)
siehe auch: Rekombination
crowding
· (engl.) wimmeln, zusammengedrängt sein, gefüllt sein
· (EA) der Selektionsdruck auf viele ähnlichen Individuen ist größer als auf Individuen, die sich voneinander stärker unterscheiden; Kampf um begrenzte Ressourcen - Individuen in weniger bevölkerten Nischen haben eine höhere Lebens- und Fortpflanzungswahrscheinlichkeit, als Individuen in überfüllten Nischen
siehe auch: niching, sharing
deme
· demos (gr.) - Volk
· (biol.) letzte natürliche Einheit in sich sexuell fortpflanzenden Arten, die aus taxonomisch eng verwandten Individuen besteht; lokale Populationen, in denen Panmixie herrscht
· (EA) Unterpopulation; Fortpflanzungsgemeinschaft (Selektionspool)
siehe auch: Unterpopulation, Selektionspool
diploid / Diploidie
· diplous (gr.) - zweifach, doppelt
· (biol.) doppelter Chromosomensatz in der Zelle; normaler genetischer Zustand höherer Organismen
siehe auch: haploid, polyploid
diversity
· (engl.) Vielfalt, Verschiedenheit, Mannigfaltigkeit; diversus (lat.) - verschieden
· Maß für die Verschiedenheit bzw. Mannigfaltigkeit von Individuen
siehe auch: loss of diversity
Domain (einer Variable)
· (engl.) Gebiet
· (EA) Definitionsbereich einer Variablen;
Bereich aller möglichen Werte, die eine Variable annehmen kann, wird oft durch eine untere und eine obere Schranke begrenzt
Dominanz
· dominare (lat.) herrschen, vorherrschen
· (biol.) ein dominantes Allel hat Vorrang über alle anderen Allele (die rezessiven Allele), das dominante Allel bestimmt die Merkmalsausprägung
siehe auch: rezessiv
Duplikation
· (engl.) Verdopplung
· (EA) evolutionärer Operator
siehe auch: Inversion, Mutation, Rekombination
gray-kodiert
siehe: Kodierung
elitism
· (engl.) Auswahl der Elite (der Besten)
· (EA) das beste Individuum/die besten Individuen der alten Generation überleben in die neue Generation _ elitest Selektion
siehe auch: Selektion, generation gap
Fitneß
· Leistungsfähigkeit, Eignung
· (biol.) Fortpflanzungswahrscheinlichkeit eines Individuums im Vergleich zu anderen Individuen in demselben Lebensraum
· (EA) Fortpflanzungswahrscheinlichkeit eines Individuums im Vergleich zu allen anderen Individuen in demselben Selektionspool
siehe auch: Zielfunktion, Zielfunktionswert
Generation
· (biol.) aufeinanderfolgende Nachkommenschaften
· (EA) zwei Bedeutungen werden verwendet: aufeinanderfolgende Nachkommenschaften und Zeit zwischen aufeinanderfolgenden Nachkommenschaften
generation gap
· (engl.) Generationslücke
· (EA) Verhältnis zwischen der Anzahl der Nachkommen und der Anzahl der Individuen in der Elternpopulation; (0.9: (0.9 · Anzahl der Eltern) Nachkommen werden gebildet; 3.0: es werden drei mal so viele Nachkommen gebildet, wie Eltern in der Population sind)
Gen
· (gr.)
· (biol.) an spezifischer Stelle eines Chromosoms lokalisierbare Erbanlage
siehe auch: Allel
Genotyp
· (biol.) Gesamtheit der Erbinformation im Zellkern, Teil des Idiotyps
Idiotyp: Gesamtheit der Erbinformation einer Zelle,
Plasmotyp: Gesamtheit der Erbinform. im Zytoplasma (alles außerhalb des Zellkerns)
siehe auch: Phänotyp
haploid / Haploidie
· haplous (gr.) - einzeln, einfach
· (biol.) einfacher Chromosomensatz in der Zelle, normaler genetischer Zustand von Prokaryoten und von eukaryotischen Keimzellen nach der Meiose.
siehe auch: diploid, polyploid
heterozygous
· hetero (gr.) - verschieden, ungleich, zygous (gr.) - befruchtete Eizelle;
ungleicherbig, gemischterbig
· (biol.) diploide bzw. polyploide Zellen, in denen mindestens ein Allel unterschiedlich ist
siehe auch: homozygous, diploid, polyploid
homozygous
· homo (gr.) - gleich, zygous (gr.) - befruchtete Eizelle;
reinerbig
· (biol.) beide bzw. alle Chromosomensätze sind gleich
siehe auch: heterozygous, diploid, polyploid
Individuum
· individuus (lat.) - losgelöst, selbständig, unteilbar
ein einzelnes Wesen aus einer Gruppe oder Art, das in sich abgeschlossen ist
· (biol.) Tier: geschlossenes System, Pflanze: offenes System
· (EA) ein Individuum stellt jeweils eine Lösung für das bearbeitete Problem dar (ein Punkt im Suchraum); ein Individuum besteht aus Variablen, mehrere Individuen bilden eine (Unter-)Population
siehe auch: Variable
Inversion
· (engl.) Umkehrung
· (EA) evolutionärer Operator
siehe auch: Duplikation, Mutation, Rekombination
Kodierung
· Art der Darstellung der Information
· (EA) unterschieden wird zwischen: 1. Darstellung im Format der Variablen des Problems und 2. Umsetzung der Variablen in ein anderes Format, z.B. reelle oder ganzzahlige Variablen werden als eine Kette von binären Zahlen dargestellt
· binäre Kodierung: binär - zweiwertig
(EA) Darstellung der Variablen eines Individuums durch binäre Zahlen; ganzzahlige Zahlen lassen sich eindeutig durch binäre Zahlen darstellen, reelle Zahlen müssen diskretisiert werden, bevor sie durch binäre Zahlen dargestellt werden können
· Gray-Kodierung (nach Frank Gray):
(EA) Darstellung der Variablen eines Individuums durch binäre Zahlen, wobei benachbarte Werte der Variablen durch solche binäre Zahlen kodiert werden, die sich in ihrer Repräsentation nur in einer Bitposition unterscheiden. Wenn die Werte der Variablen schrittweise verändert werden, so verändert sich dadurch in jedem Schritt die entsprechende binäre Zahl nur an einer Stelle. Ganzzahlige Zahlen lassen sich direkt mittels eines Gray-Kodes in binäre Zahlen umsetzen, reelle Zahlen müssen vorher diskretisiert werden.
korrelierte Variablen
· correlatio (lat.) - Wechselbeziehung
· (EA) Wenn eine Variable verändert wird, dann müssen andere Variablen mit verändert werden, damit es zu einer weiteren Verbesserung der Zielfunktion kommt;
beim Vorliegen korrelierter Variablen kann durch die Veränderung nur einer Variablen keine Verbesserung der Zielfunktion erreicht werden, es müssen alle korrelierten Variablen zusammen und in die richtige Richtung verändert werden. Ein Beispiel einer Funktion mit stark korrelierten Variablen ist Rosenbrock's Funktion.
loss of diversity
· (engl.) Verlust an Vielfalt/Mannigfaltigkeit/Diversität
· (EA) Anteil der Individuen des Selektionspools, die während einer Selektionsphase nicht ausgewählt werden (die Individuen/Information, die bei einer vollständigen Ersetzung der Elternpopulation durch die Nachkommenpopulation verloren gehen würden); Parameter bei der Bewertung von Selektionsverfahren
siehe auch: diversity
Migration
· migrare (lat.) - wandern, fortziehen, auswandern
· (biol.) Austausch von Individuen zwischen Populationen
· (EA) Wanderung bzw. Bewegung von Individuen von einer Unterpopulation zu anderen Unterpopulationen
Mutation
· mutare (lat.) - springen
· (biol.) sprunghaft auftretende Veränderung der Information eines Individuums, meist zufällig oder mit zufälligen Elementen
· (EA) evolutionärer Operator (z.B. Umschalten einer binären Zahl, Addition einer Zufallszahl zu einer diskreten oder reellen Zahl, Austausch von Teilbäumen bei Strukturen, Austausch von Variablen in Reihenfolgeproblemen)
siehe auch: Rekombination
niching
· niche (engl.) - Nische
· (EA) Ausbildung von Nischen (Gruppen voneinander räumlich getrennter Individuen) durch die Arbeit des Evolutionären Algorithmus, z.B. sharing und mehrkriterielles Ranking
siehe auch: sharing
offline Performanz
· (EA) Maß für den Fortschritt einer Population durch Bewertung der Güte des besten Individuums einer Population
siehe auch: online Performanz
online Performanz
· (EA) Maß für den Fortschritt einer Population durch Bewertung der durchschnittlichen Güte einer Population
siehe auch: offline Performanz
panmictic
· (engl.) uneingeschränkt
Panmixie (gr.) - Mischung
· (biol.) Bezeichnung für die zufällige Paarung von zwei verschiedengeschlechtlichen Individuen in einer Population. In sehr großen Populationen haben zwei beliebige verschiedengeschlechtliche Individuen die gleiche Paarungswahrscheinlichkeit.
· (EA) panmictische Population: keine Beschränkungen innerhalb der Population für die Selektion von Individuen (im Gegensatz zu einer in Unterpopulationen unterteilten Population bzw. einer Population, in der eine lokale Selektion stattfindet)
siehe auch: Selektion
Pareto-Dominanz
· (EA) Ein Vektor a = (a1,...,an) dominiert einen Vektor b = (b1,...,bn) dann und nur dann wenn gilt:
Pareto-Optimalität
· (EA) Ein Individuum A ist dann Pareto-optimal, wenn es kein anderes Individuum B gibt, durch dessen Kriterienvektor, b = f(B) = (b1,...,bn), der Kriterienvektor des Individuums A, a = f(A) = (a1,...,an), dominiert wird.
siehe auch: Pareto-Dominanz
Phänotyp
· phen (gr.) - Merkmal, Erscheinung, das Erscheinende
· Gesamtheit der Merkmale eines Individuums
siehe auch: Genotyp
polyploid /Polyploidie
· polyo (gr.) - viel, polyplous (gr.) - vielfältig
· (biol.) mehrfache (mehr als zwei) Ausführung des haploiden Genoms in einem Zellkern
siehe auch: diploid, haploid
Ranking (rank-based fitness assignment)
· rank (engl.) - Reihe, Reihenfolge
· (EA) Verfahren der Fitneßzuweisung, wobei nur der Rang eines Individuums in der sortierten Reihe der Zielfunktionswerte verwendet wird und nicht der Wert des Zielfunktionswertes
siehe auch: Selektion
Rekombination
· recombinare (lat.) - neu verteilen, wieder vereinigen
· (biol.) intrachromosomale R.: Austausch von Allelen zwischen homologen Chromosomen, chromosomale R.: Neuverteilung von ursprünglich väterlichen und mütterlichen Chromosomen bei der Meiose (Reduktionsteilung) und Zusammenführung von einfachen Chromosomensätzen bei der Befruchtung
· (EA) evolutionärer Operator; Erstellung neuer Individuen durch Kombination bzw. Neuverteilung der Information zweier oder mehr Individuen (Eltern)
siehe auch: crossover
rezessiv
· (lat.) überdeckt
· (biol.) Allel, das sich im heterozygoten Zustand nicht ausprägt
siehe auch: Dominanz
Selektion
· selectio (lat.) - Auswahl
· (biol.) Begriff der Populationsgenetik, Auslese, Auswahl, Zuchtwahl
· (EA) Auswahl von Individuen aus einem Selektionspool entsprechend der Fitneß der Individuen für die Produktion von Nachkommen
siehe auch: S.-druck, S.-intensität, S.-pool, S.-varianz, bias, spread, loss of diversity
Selektionsdruck (selective pressure)
· (biol.) Maßstab für die Stärke der Selektionswirkung in einer Population
· (EA) Parameter der Selektion: Wahrscheinlichkeit der Auswahl des besten Individuums, verglichen mit der durchschnittlichen Selektionswahrscheinlichkeit aller Individuen des Selektionspools
Selektionsintensität (selection intensity)
· (EA) Parameter der Selektion: erwarteter durchschnittlicher Fitneßwert der selektierten Individuen nach einer durchgeführten Selektion (Voraussetzung: die Fitneßwerte des Selektionspools sind normal verteilt)
Selektionspool
· (EA) Bereich der Population, der alle Individuen enthält, die zusammen zur Auswahl der Reproduktionspartner (Eltern) in Betracht gezogen werden. Bei einer Gesamtpopulation ist dies z.B. die Population, bei der Verwendung des regionalen Modells zur Unterteilung der Population in Unterpopulationen jeweils eine Unterpopulation und beim lokalen Modell die lokale Nachbarschaft.
siehe auch: Selektion, deme, panmictic
Selektionsvarianz (selection variance)
· (EA) erwartete Varianz der Fitneßwerte der selektierten Individuen nach einer durchgeführten Selektion (Voraussetzung: die Fitneßwerte des Selektionspools sind normal verteilt); Parameter bei der Bewertung von Selektionsverfahren
sharing
· (engl.) verteilen
· (EA) verteilen der räumlich begrenzten Ressourcen auf die Individuen;
liegen viele Individuen im Suchraum dicht beieinander, dann sind die Ressourcen in diesem Bereich bald aufgebraucht, weitere Individuen können nicht in diesen Bereich gelangen; dadurch kommt es zu einer Verteilung der Individuen im Suchraum, z.B. auf mehrere vielversprechende Bereiche
siehe auch: niching
spread
· (engl.) Ausdehnung, Spannweite
· (EA) Bereich der möglichen Werte für die Anzahl der Nachkommen eines Individuums; Parameter bei der Bewertung von Selektionsverfahren
siehe auch: Selektion, bias
subpopulation
· (engl.) Unterpopulation
siehe auch: Unterpopulation
Unterpopulation
· subpopulation (engl.)
· (EA) Teil der Individuen einer Population, die untereinander Nachkommen bilden können (zu einem Selektionspool gehören), aber nicht mit den anderen Individuen der Population in Verbindung stehen
siehe auch: Migration, deme
Variable
· (EA) Teil eines Individuums, die Gesamtheit der Variablen bildet ein Individuum
siehe auch: Allel
Zielfunktion
· auch: Gütefunktion
· (EA) definiert das zu lösende Problem;
die Zielfunktion erhält als Eingabeparameter ein Individuum (sowie zusätzliche problemspezifische Parameter), berechnet damit die Zielfunktion und liefert als Ausgabe den Zielfunktionswert für dieses Individuum
siehe auch: Fitneß
Zielfunktionswert
· objective value (engl.), auch: Gütewert
· (EA) Wert, den die Zielfunktion für ein Individuum liefert; gibt die Güte eines Individuums an; der Zielfunktionswert ist problemspezifisch (z.B. Wertebereich, Skalierung)
· der Zielfunktionswert entspricht nicht der Fitneß; allerdings kann der Zielfunktionswert als Fitneß verwendet werden
siehe auch: Fitneß
Bei der Arbeit am Glossar fanden u.a. die folgenden Quellen Verwendung: [Fwb63], [Hen95], [RM54], [Wer68] und [Fon95].
Diese Dokument ist Teil der Dissertation von Hartmut Pohlheim
"Entwicklung und systemtechnische Anwendung Evolutionärer Algorithmen".
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